Eine interessante Studie von Silvan Rosser vom Verein "Metheo" aus der Schweiz.
ZitatDie einen stilisieren es hoch bis zur Sensation. Für die anderen ist es nicht aussergewöhnlich. Einige Fragen wirft es aber trotzdem auf: Der globale Temperaturanstieg ist nämlich in den letzten 15 Jahren, also seit 1998, ins Stocken geraten. Klimaskeptiker nutzen die Gunst der Stunde und schicken die globale Erwärmung bachab. Reto Knutti, Professor für Klimaphysik an der ETH Zürich, liefert in seinem Beitrag im ETH-Klimablog postwendend griffige Antworten. So macht er darauf aufmerksam, dass es auch im 20. Jahrhundert Perioden der Stagnation oder gar Abkühlung gab und dass selbst Klimamodelle dieses Verhalten zeigen – auch für die Zukunft.
Quelle: metheo - Globale Temperatur (über Land und über Ozean) für jeden Monat von 1998-2012. Zudem ist der 15-jährige lineare Trend angegeben. Nur die Wintermonate kühlen sich ab.
Verschiedene Antriebsfaktoren
Wer glaubt, der globale Temperaturanstieg erfolge kontinuierlich, der irrt, denn er ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Die anthropogenen Treibhausgasemissionen (CO2, Methan, etc.), die Aerosole (Luftverschmutzung durch feine Partikel) oder auch die Landnutzung sind zurzeit die wichtigsten Antriebskräfte der globalen Erwärmung. Hinzu kommen die natürlichen, externen Faktoren wie Vulkanausbrüche, Sonnenaktivität und interne Schwankungen (Wetter). Diese Faktoren sind zeitlicher Variation unterworfen, so dass auch die globale Temperatur gewisse Schwankungen mitmacht. Während die natürlichen Faktoren ziemlich konstant bleiben, haben die anthropogenen Antriebskräfte seit Beginn der 1970er-Jahre für einen starken Anstieg der globalen Temperatur gesorgt. In den letzten 15 Jahren ist dieser Aufwärtstrend aber deutlich abgeflacht. Je nach Startjahr der Analyse ist der Trend praktisch null. Knutti macht aber darauf aufmerksam, dass dies nicht im Widerspruch mit dem langfristigen Klimawandel stehe. Im Gegenteil: Auch in Zukunft sei mit kurzen Perioden der Stagnation oder Abkühlung zu rechnen. Die Wissenschaft ist von diesem Befund denn auch nicht prinzipiell überrascht. Trotzdem kommen Klimaforscher ins Grübeln und stellen sich Fragen. Der beobachtete Temperaturanstieg der letzten Jahre liegt immer noch innerhalb der Schwankungsbreite der Modelle, aber am unteren Rand. Ein Grund dafür sind natürliche Klimaschwankungen. Ein sehr starkes El-Niño-Ereignis 1997/98 (Erwärmung im äquatorialen Pazifik) und die La-Niña-Phasen in den letzten Jahren (Abkühlung im äquatorialen Pazifik) haben die globalen Temperaturen in den letzten 15 Jahren deutlich beeinflusst. Das zeigt sich, wenn deren Einfluss auf die globale Temperatur herausgefiltert wird: aus der gegenwärtigen Stagnation wird dann wieder ein Temperaturanstieg. Knutti schreibt, dass solche Ereignisse zwar unwahrscheinlich sind, aber eben nicht unmöglich. Die Frage ist aber, ob diese natürlichen Muster genügend gut in den Klimamodellen abgebildet werden können? Die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Stagnation der globalen Temperaturen, wie zurzeit messbar, schätzen die Modelle nur mit 1 zu 20. Dieser Spezialfall darf also nicht zur Normalität werden. Würden längere Phasen der Stagnation oder Abnahme der Temperatur zur Regel, dann wäre es sehr unwahrscheinlich, dass die natürlichen Variationen, wie La-Niña-Phasen, die alleinige Ursache dafür sind.
Andere Gründe?
Trotzdem wirft das Ausbleiben einer weiteren Erwärmung in den letzten 10 bis 15 Jahren einige Fragen auf. Ist es bloss die natürliche Variation, also eine rein zufällige Ansammlung von speziellen Wetterbedingungen, welche den Temperaturanstieg in der letzten Dekade maskierten? Erhebliche Unsicherheiten in den Klimamodellen gibt es weiterhin bei den menschengemachten Aerosolen, welche vor allem kühlend auf das Erdklima wirken. Hat das “schmutzige” Aufstreben der asiatischen Wirtschaft mit enormen Aerosolemissionen einen weitgehenderen Einfluss auf das globale Klima als bisher angenommen? Langfristig dürfte ihre Wirkung auf die globalen Temperaturen aber klein sein, denn in allen Klimaszenarien nimmt ihre Konzentration künftig ab. Auch der Einfluss der Sonne ist gering, wie Knutti bestätigt, obwohl das letzte solare Minimum aussergewöhnlich lang war. Eine weitere, viel tiefgreifendere Überlegung wäre, dass die globale Temperatur weniger stark auf die Treibhausgasemissionen reagiert. Dass die Klimasensitivität in den Klimamodellen also überschätzt wird und somit auch die zukünftige Erwärmung. Die letzten 15 Jahre deuten zwar in diese Richtung, wie Knutti mitteilt, allerdings simulieren gerade die Modelle mit höherer Sensitivität das Klima der letzten Jahre besser.
Der eisige Februar
Während der globale Temperaturanstieg pausiert, steigt der Meeresspiegel stärker an, als von vielen Modellen prognostiziert und das arktische Meereis schmilzt deutlich rasanter als erwartet. Das derzeitige Ausbleiben eines weiteren Temperaturanstiegs passt da irgendwie nicht ins Muster. Beim genauen Hinschauen fällt auch auf, dass keineswegs alle Kalendermonate betroffen sind. So zeigt sich, dass sich die Monate Dezember, Januar und Februar in den letzten 15 Jahren abkühlten, während sich alle anderen Monate weiter erwärmten. Die Daten zeigen sogar, dass allein die nordhemisphärische Abkühlung im Februar der letzten 15 Jahre ausreichte, um den globalen Temperaturanstieg über das ganze Jahr gemittelt zum Stilstand zu bringen. Auf der nördlichen Halbkugel kühlte sich der Februar in den letzten 15 Jahren um erstaunliche 1,2 Grad ab. Davon ausgeschlossen waren die Arktis und Grönland, welche eine deutliche Temperaturzunahme verzeichneten. Jedoch kühlten sich Eurasien und Nordamerika lokal um bis zu 5 Grad innerhalb von 15 Jahren ab! Auch in der Schweiz wurde der Februar in den letzten Jahren wieder um rund 2 Grad kälter. Das Ausbleiben des globalen Temperaturanstiegs ist also nicht erstaunlich. Daraus abzuleiten, der Klimawandel würde nicht stattfinden, wäre aber vermessen. Wirklich überraschend ist die markante Abkühlung des Winters auf der Nordhalbkugel, aber auch da könnte der Zufall eine grosse Rolle spielen. Hoffentlich liefert uns die Klimaforschung bald Antworten darauf.
Quelle: NOAA - In den letzten rund 20 Jahren wurde der Februar in Eurasien wieder deutlich eisiger. So eisig, dass sogar die globale Erwärmung gedämpft wurde.
Quelle: metheo - Temperaturen auf der nördlichen Hemisphäre (nur über Land) für jeden Monat von 1998-2012. Zudem ist der 15-jährige lineare Trend angegeben. Der Februar hat sich in den letzten 15 Jahren deutlich abgekühlt. Viele Monate sind aber deutlich wärmer geworden.